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Customer Development - „Get out of the Building“

Kamila

Kamila |

11. Feb 2013 |

- min Lesezeit

Ein Erfahrungsbericht von der ersten leanstartupmachine in Deutschland

Customer Development? Als ich angefangen habe mich mit diesem Begriff auseinander zu setzen war mir klar - es geht um Nutzerfeedback, Befragungen, Usabilitytests und ich war mir sicher: kenne ich schon und mache ich seit Jahren. N ie würde ich empfehlen ein Produkt ohne ausgiebige Usertests  zu entwickeln. Weiß ich doch, dass nur so effektiv und effizient gearbeitet werden kann. Wie gesagt: ich dachte es, bis ich auf der ersten leanstartupmachine in Deutschland ein Wochenende damit verbracht habe, Customer Development auszuprobieren und nun weiß, wie weit Customer Developement gehen kann.

Jetzt  weiß ich: ich werde noch mehr testen und vor allem viel früher mit dem Kundendialog starten und noch später mit der eigentlichen Produktentwicklung. 

Customer Development und das Validation Board

Hinter Customer Developement liegt eine Methodik: das Validation Board. Dieses unterstützt enorm bei dem gesamten Prozess und insbesondere dabei, sehr schnell mit dem potenziellen Kunden in den Dialog zu kommen, die richtigen Annahmen zu treffen, diese zu validieren oder zu invalidieren und so Schritt für Schritt zu einer Lösung zu kommen.

Leanstartupmachine validation board
Leanstartupmachine validation board

Auf der Leanstartupmachine geht es nun darum, an einem Wochenende, in 48h. mit einer Idee zu starten und diese dann bis zu einem Pitch voranzutreiben. Gerne würde ich das Vorgehen auf Basis des Beispiels beschreiben, das wir an diesem Wochenende durchexerziert hatten. Die Idee war eine Plattform für Panini Fussball Bilder, die den  Nutzern eine Möglichkeit bietet, das Paninialbum möglichst schnell und kostengünstig zu füllen.

So grob die Idee. Nun zum Vorgehen.****

  1. Kundenhypothese: Wer sind die potenziellen Kunden? Hier geht es darum die Zielgruppe möglichst genau zu beschreiben und einzugrenzen. In unserem Fall waren es Fußball Fans, die Panini Bilder sammeln.

  2. Problembeschreibung: Welches Problem gibt es, das es Wert ist gelöst zu werden? Das Problem muss für die Zielgruppe „schmerzhaft” sein. Es darf auch noch keine einfache Möglichkeit geben dieses Problem zu umgehen. Für Panini Sammler gingen wir im ersten Schritt davon aus, dass es schwer ist das Album zu vervollständigen.

  3. Annahmen und Ableitung der risikoreichsten Annahme:Welche Annahmen liegen zu Grunde? In diesem Punkt gilt es Annahmen zu formulieren, welche dann zu überprüfen sind. Dabei ist es wichtig, die risikoreichste Annahme zu identifizieren. Wenn diese nicht valide ist, muss ein Pivot durchgeführt werden. Wenn sie valide ist, dann kann das Problem weiter definiert und nach und nach in eine Lösung überführt werden. Beispiele unserer Annahmen waren:

  • Es gibt genügend Panini Sammler
  • Die Sammler verlieren den Überblick über ihre Sammlung
  • Sie tauschen lieber, als alles zu kaufen
  • Sie wollen ihr Album möglichst schnell voll kriegen
  • Es gibt zu wenige Tauschpartner

Als risikoreichste Annahme erschien uns das Marktpotenzial - gibt es überhaupt genügend Sammler?

  1. Keine Lösung definieren: Ganz richtig: die Idee der ersten Phase ist es keine Lösung zu haben und diese zu beschreiben, sondern erst mal das Problem der Kunden zu verstehen.

  2. Definition des Erfolgsmaßes:Bevor man beginnt mit den Kunden zu sprechen, ist das Erfolgsmaß zu definieren, welches aufzeigt, ob eine Annahme zutrifft (valide ist) oder nicht. Dabei ist es wichtig diese im Voraus zu definieren, damit die Annahmen korrekt validiert werden können und man sich die Realität nicht “schön redet”. Nachdem es uns darum ging zu beweisen, dass es genügend Sammler gibt, war unsere Annahme mindestens 30% der Fussballfans sammeln Panini Bilder. Aber auch absolute Erfolgsmaße sind durchaus sinnvoll: zum Beispiel zwei begeisterte Nutzer zu finden, die das Problem als so groß empfinden, dass sie sofort bereit sind ihre Kontaktdaten zu hinterlassen, um informiert zu werden sobald es eine Lösung gibt. Das Schlagwort hier ist strong reaction: wenn ich es schaffe in kurzer Zeit Nutzer zu finden die offensichtlich stark auf das Problem oder sogar die Lösung reagieren, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ich später leicht weitere Nutzer finde.

Get out of the Building

Eine weitere Idee von Customer Developement ist: nicht lange definieren, sondern schnell raus aus dem Gebäude und rein in den Kundendialog. Bei uns waren es ca. 1-2h Vorarbeit, dann ging es raus. Nun sind noch zwei Dinge zu klären – wie gehe ich bei der Befragung vor? Und wo finde ich meine Zielgruppe?

Befragung: Bei der Befragung geht möglichst wenig standardisiert vor. Startet mit einer Frage, die positiv beantwortet werden muss und dann: zurückhalten, reden lassen und zuhören!

Zielgruppe: Wo ist die Zielgruppe? Hier ist es wichtig kreativ zu sein. Wir hatten Glück. An dem Samstag, an dem es an die Befragung ging, war in München ein Bundesligaspiel (BVB gegen Bayern). Somit wimmelte die Stadt von Fans. Wir sind einfach losgegangen und haben Fußballfans angesprochen - deutlich erkennbar am Schal. Die erste Frage war: “Hey, du bist Fußballfan, richtig?” Da kam keiner umhin zu grinsen und „Ja” zu sagen. Und schon konnten wir starten etwas genauer nachzuhaken, mögliche Panini-Sammler zu identifizieren und deren Probleme zu verstehen.

Zusatztipps: Verzichtet auf Block und Stift, das steigert die Erfolgsquote beim Ansprechen. Noch wichtiger: befragt nicht eure Freunde. Diese werden euch immer sagen, dass die Probleme bestehen und eure Lösung toll ist.

Unser Ergebnis war fantastisch. Von 23 Befragten haben 13 angegeben, dass sie sammeln (zumindest zur EM und WM). Somit war unsere erste Annahme validiert und es konnte weitergehen. Wir haben die nächste risikoreichste Annahme abgeleitet und sind wieder in den Dialog mit dem Kunden gegangen.

Zwischenergebnis:

Alles in allem haben wir viel Zeit draußen verbracht. Immer wieder Annahmen getroffen und diese abgefragt. Es war zwar nur der Samstag, also ca. 8 Stunden, aber wir haben so viel mit unsere Zielgruppe gesprochen und so viel über sie gelernt - und das sollte sich später noch als Vorteil erweisen!

Ich kann nun ruhigen Gewissens jedem empfehlen: geht raus, sprecht mit den Kunden. Findet mögliche Probleme, die wirklich weh tun, bevor ihr überhaupt daran denkt das erste Wireframe zu scribblen!

Pivots, Lösungsableitung und Verifikation

Nachdem wir gesehen haben, dass es einen Markt gibt, Nutzer tatsächlich das Problem haben ihr Album zu vervollständigen und lieber tauschen als kaufen, war unsere Lösung eine Website zu bauen, die das Finden und Tauschen vereinfacht. Nun haben wir Einsteller von Kleinanzeigen (Tausche Panini Bilder) über Ebay Kleinanzeigen angerufen. Das Ergebnis war ernüchternd: die suboptimale Ebay Lösung funktioniert für die Zielgruppe, sie hatten kein Problem, sie fühlten keinen Schmerz. Waren wir da am Ende?

Nein! Wir haben pivotiert. Das konnten wir, weil wir vorher zugehört haben und andere Probleme kannten. Die Zielgruppe sind nun Kunden, die gerne vor Ort tauschen aber zu wenige Tauschpartner haben. Die Lösung: eine App die sofort anzeigt, wenn jemand in der Nähe noch fehlende Sticker hat.

Die nächste Frage: sind Kunden bereit für eine solche App Geld auszugeben? Nun lohnt es sich mit Prototyp oder Landingpage einen Schritt weiterzugehen. Und auch hier: es ist so einfach, es geht so schnell. Eine Landingpage ist mit den aktuellen Tools (, ) schnell zusammengebaut. Traffic schnell akquiriert.

Unsere Lösung war eine Landingpage. Das Ziel war zu testen, ob Nutzer bereit sind zu zahlen: Klicken sie auf den „0,99 EUR pro Download” Button?

Hier haben wir nun die CTR (Click-Through-Rate) gemessen – in unserem Fall liegt sie über 18%. Der Traffic kam über Facebook Panini Gruppen, über SEM Anzeigen, über unsere erstellte Facebookpage, über Panini Foren… Es waren genügend Visits, um zu sagen die App hat Potenzial.

Und es kam noch viel besser: wir hatten dann direkt Anfragen von potenziellen Investoren!

Es ist unglaublich, was man in nur 48h an einem Wochenende schaffen kann. Währen der leanstartupmachine haben wir:

  • ca. 60 Interviews mit unserer Zielgruppe geführt
  • Eine Landingpage gebaut, dazu noch eine Facebookpage und einen Twitteraccount
  • SEM Anzeigen geschaltet, Traffic über Foren akquiriert
  • Eine grobe Marktanalyse durchgeführt und eine Pitchpräsentation erstellt
  • Investoreninteresse geweckt
  • Eine Lösung definiert, die Kunden begeistert!

Und alles ist aus einer kleinen Idee entstanden! Es geht wirklich so unglaublich schnell. Und nun überlegen wir die Collectrapp tatsächlich zu bauen – wir wissen ja auch, dass es funktionieren wird!

Zusammenfassung – die Learnings aus Customer Development:

  • Nicht lange konzipieren: Ein schneller Kundendialog ist entscheidend. Es ist wichtig bereits die Probleme abzuprüfen und nicht erst die Lösung.
  • Kreativ sein bei der Zielgruppe: Es lohnt sich zu überlegen wo die Zielgruppe anzutreffen ist und hier auch ungewöhnliche Orte aufzusuchen.
  • Die Problemlösung muss nicht perfekt sein: Ein einfaches Mockup, ein Papierprototyp genügen, um die Lösung zu verifizieren.
  • Die risikoreichste Annahme zuerst prüfen: Auch wenn es schwer fällt – es ist wichtig und seid auch bereit die Richtung zu ändern, wenn sie doch nicht zutrifft.

So viel zu unseren Erfahrungen. Diese gibt es auch in einer zusammengefasst, die wir auch auf der gezeigt haben.

Habt ihr hier noch andere Methoden verwendet oder eine andere Vorgehensweise? Worin seht ihr den konkreten Mehrwert von Customer Development? Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?


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